Die „BIG FIVE“ der Persönlichkeit im Wohnzimmer
Wie ich wohne, so bin ich?
Mit Selbsteinschätzung und Checkliste
Unser Zuhause ist ein Spiegel unserer Persönlichkeit. Das ahnen wir alle, schließlich richten wir unseren Wohnraum mehr oder weniger liebevoll selber ein. Aber an welchen Details der Gestaltung zeigen sich welche Aspekte unserer Persönlichkeit?
Eine spannende Frage, auf die die Wohn- und Architekturpsychologie Antworten findet. Das bewährte Persönlichkeitsmodell aus der Psychologie, die sogenannten „Big Five“, werden hier unter die Lupe genommen und mit wohnpsychologischer Expertise untersucht. Mit dem praktischen Überblick können wir unser Wohnumfeld einmal auf andere Weise aufmerksam betrachten und spüren, um neue Erkenntnisse über uns selbst zu sammeln.
Meine persönliche Home-story
Als Kind ehrgeiziger Eltern durfte ich mit meiner Familie in den sechziger Jahren in einen modernen, individuell entworfenen Bungalow einziehen – dem steingewordenen Traum unserer Eltern. Und ja, es war wirklich traumhaft: endlich sehr viel Platz für die vierköpfige Familie und für die gesammelten Antiquitäten, ein schickes Bad, eine Küche mit allem Chichi, ein riesiger Garten und ein eigenes Zimmer, auf das ich mich als 12-jährige unglaublich gefreut hatte. Aber: meine Eltern erlaubten es mir nicht, Poster von Rockstars aufzuhängen und mein Zimmer ganz nach meinen Wünschen und Vorlieben zu gestalten mit Matratzen auf dem Boden, Flokati-Teppich usw.
Meinen Eltern war die Repräsentation aller Räume unseres offenen Hauses sehr wichtig. So musste ich mit einer Schrankwand, dem dazu passendem Bett und Schreibtisch vorlieb nehmen, alles komplett wie aus dem Möbelhausprospekt geliefert. Entsprechend selten hielt ich mich in dem ungeliebten „spießigen“ Zimmer auf. Ich glaube, dass ich auch deshalb gleich nach dem Abitur auszog und meine bescheidene Studentenbude mit Hingabe und Fantasie gestaltete. So wie ich wollte und wie es mir und meinen Bedürfnissen entsprach.
Viele Jahre später, inzwischen selber mit einer vierköpfigen Familie in einem Haus lebend, hörte ich immer wieder den Satz von BesucherInnen: „Das Haus bist so Du.“ Irgendwann fragte ich nach, wie das gemeint sei und hier kommt Wohnpsychologie pur: „Euer Haus wirkt so, wie ihr als Menschen seid.“
Diesem Phänomen wollte ich unbedingt mehr auf den Grund gehen. Im Lehrgang Wohn- und Architekturpsychologie am IWAP wurde schließlich wissenschaftlich bestätigt, was meine Gäste sagten.
In meiner Arbeit als Tanztherapeutin hatte ich mich ausführlich mit der Körpersprache als Ausdruck unserer Persönlichkeit befasst. Körperausdruck besteht nicht nur aus unseren Bewegungen und Haltungen. Darüber hinaus zeigen wir auch durch Stimme, Kleidung und sogar in unserem Wohnumfeld – dem erweiterten Körperraum – wer wir sind und wie wir sind.
„Das Haus ist ein Spiegel unseres Selbst“
Claire Cooper Marcus (Professorin für Architektur
Die „Big Five“ der Persönlichkeit
Die Big-Five gelten heute als Universalmodell der Persönlich-keitsforschung. Es geht zurück bis in die 1930-er Jahre und wurde immer wieder aktualisiert.
Grundlage ist die Annahme, dass sich jede Persönlichkeit aus fünf Kernelementen zusammensetzt, die individuell verschieden ausgeprägt sind.

Offenheit (Openess)
Wie setzt sich eine Person mit neuen Eindrücken und Erlebnissen auseinander?
Ein hoher Offenheitswert geht einher mit Neugier, Wissensdurst, Experimentierfreude, Fantasie und künstlerischem Interesse. Soziale, ethische und politische Normen werden eher hinterfragt und oft neue Handlungsweisen ausprobiert.
Ein niedriger Offenheitswert zeigt sich in einer eher konservativen Einstellung, und in konventionellem Verhalten. Bekanntes und Bewährtes hat hohen Stellenwert.
Gewissenhaftigkeit (Conscientousness)
Wie zielstrebig ist eine Person, wie ist ihr Selbstmanagement und ihre Selbstdisziplin?
Hohe Werte in Gewissenhaftigkeit zeigen sich in organisiertem Handeln, Sorgfältigkeit und vorausschauendem Denken, hoher Effizienz und ausgeprägtem Perfektionismus.
Geringe Gewissenhaftigkeit wird offensichtlich durch wenig Sorgfalt, größere Nachlässigkeit, aber auch in mehr Spontaneität und Unbekümmertheit.
Extraversion (Extraversion)
Wie ist die Begeisterungsfähigkeit und das zwischenmenschliche Verhalten in sozialen Situationen?
Personen mit hohen Extraversionswerte gelten als gesprächig, gesellig, optimistisch und herzlich. Diese Menschen sind empfänglich für Anregungen und Aufregungen.
Menschen mit geringer Extraversion (Introversion) sind weniger gesellig, zurückhaltender, häufig unabhängiger und allein sehr effektiv.
Verträglichkeit (Agreeableness)
Wie ist die grundsätzliche soziale Einstellung zu anderen Menschen?
Hohe Werte in diesem Element stehen oft für Kooperationsfähigkeit, Mitgefühl, Verständnis, Wohlwollen und Altruismus.
Geringe Verträgllichkeitswerte gehen einher mit Misstrauen, Streitbarkeit und einer eher egozentrischen Herangehensweise.
Neurotizismus (Neuroticism)
Wie geht die Person mit negativen Emotionen um?
Starke Ausprägung in Neurotizismus äußern sich in häufigen und stärke wahrgenommenen Emotionen wie Anspannung und Nervosität, Angst, Unsicherheit oder Verlegenheit.
Eine geringe Ausprägung dieses Element resultiert in mehr Stabilität, Ruhe und Gelassenheit und mehr Sicherheit und Zufriedenheit.
Selbsteinschätzung Ihrer BIG FIVE der Persönlichkeit
Notieren Sie auf einem Blatt Papier die Zahl zwischen 1 und 10, wie Sie sich selbst einschätzen. Dabei steht „1“ für eine sehr geringe Ausprägung des Merkmals und „10“ für eine sehr hohe. Wenn Sie unsicher sind, fragen sie gern auch PartnerInnen, Freunde, Familienangehörige, wie diese sie einschätzen würden.
Diese erste Einschätzung ist natürlich nicht vollständig und noch sehr grob. Ganz genau können Sie Ihr Persönlichkeitsprofil in einem Test, dem NEO-PI-R-Test mit 240 Items erforschen (kostenpflichtig im Internet).
In zwei bis drei Mentoring-Terminen zu diesem Thema werden Ihnen nicht nur Ihre Persönlichkeits-Merkmale deutlich. Sie und ich finden im Gespräch außerdem heraus, welches Potential in Ihnen schlummert und was die Ressourcen sind, die Ihre Persönlichkeit prägen. In diesem Dialog-Raum wird Ihnen deutlich, was gut ist, so wie es ist, was Sie ggf. ändern wollen und wie Sie dabei vorgehen können.
Kontaktieren Sie mich gern. Das erste Gespräch (30 Minuten) per Telefon oder Zoom ist für Sie völlig unverbindlich und kostenfrei.
Wie zeigen sich die „Big Five“ nun in Ihrem Wohnumfeld?
Um diesen Zusammenhang genauer zu erforschen habe die folgenden Tabellen entwickelt, um die eigenen Wohnvorlieben ganz praktisch einordnen zu können. Den 5 Persönlichkeitsanteilen (Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus) werden Details aus der Wohnung an die Seite gestellt, die sie aus meiner Sicht „verkörpern“.
Auswertung: Nehmen Sie sich Ihre Liste mit den Selbsteinschätzungswerten und sehen Sie in der Tabelle, ob und wie sich ihre Persönlichkeit im Wohnumfeld spiegeln könnte. In den linken Spalten sehen Sie mögliche Details Ihres Wohnumfelds bei einer hohen Ausprägung Ihres Merkmals (größer 5 in ihrer Selbsteinschätzung), in den rechten Spalten die Wohnungsdetails bei geringer Ausprägung des Merkmals (kleiner 5).
Betrachten Sie diese Zuordnung als einen vereinfachten Ein- oder Überblick und hüten sie sich vor allzu eindeutigen Wertungen und vorschnellen Rückschlüssen! Das Wahrnehmen und Spüren von Räumen bleibt eine subjektive Angelegenheit. Und dennoch gibt die Gestaltung unserer Lebensräume Einiges über uns preis, das – mit Vorsicht genossen – uns auch die Augen öffnen kann.
In den Tabellen sehen Sie die Details zum jeweiligen Persönlichkeitsmerkmal, die Sie unter Umständen in Ihrem eigenen Wohnraum oder dem von Menschen mit der jeweiligen Merkmalsausprägung wahrnehmen. Die Auflistungen sind nicht vollständig, leicht übertreibend und sie warten nur darauf, dass sie von Ihnen erweitert werden. Sie können die Tabellen auch als Checkliste verstehen.
Ausprägung des Big-Five-Persönlichkeitsmerkmals Offenheit
Hohe Ausprägung im Wohnumfeld | Geringe Ausprägung im Wohnumfeld |
---|---|
große Fenster, viel natürliches Licht 1160_c1fa63-ec> | kleinere Fenster mit Stores, Jalousien häufiger geschlossen, weniger natürliches Licht 1160_e92d42-9c> |
einladender Eingangsbereich 1160_b9cf8c-5a> | wenig Einladendes schon vor der Haustür und im Eingangsbereich 1160_e1f69a-34> |
starke Farben, Design- oder Kunstobjekte, Bücher 1160_feb722-f5> | gedämpfte oder keine Farben 1160_bfb684-e4> |
Einrichtung kreativ und individuell, eher modernes Mobiliar 1160_ba2be8-fb> | Einrichtung „von der Stange“, und/oder Möbel von den Eltern, Traditionelle Möbel 1160_13b025-3b> |
Ausprägung des Big-Five-Persönlichkeitsmerkmals Gewissenhaftigkeit
Hohe Ausprägung im Wohnumfeld | Geringe Ausprägung im Wohnumfeld |
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alles hat seinen Platz, Ordnung bis zur Pedanterie, Kalender 1160_0bec45-21> | (kreatives) Chaos, Unordnung, 1160_bbc2c1-93> |
geschlossene Schränke, weniger Dekoration, farblich zurückhaltend, monochrom 1160_f04a0e-72> | offene Regale, viel Dekoratives, bunte Vielfalt 1160_45e391-81> |
Smart home, klare Formen, wenig Muster 1160_00bf91-85> | wo ist nur der Schlüssel? Formenvielfalt, verschiedene Muster, Schnörkel 1160_b971dd-fa> |
glatte Oberflächen (leichte Reinigung) 1160_e63d14-f8> | raue Oberflächen 1160_4fdf77-18> |
Ausprägung des Big-Five-Persönlichkeitsmerkmals Extraversion
Hohe Ausprägung im Wohnumfeld | Geringe Ausprägung im Wohnumfeld |
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einladende Eingangsgestaltung 1160_5dae3b-cb> | Eingang eher kühl 1160_5fa0c5-68> |
ein großer Tisch oder Sitzarrangement als Kommunikationszentrum, bequeme Sitzmöbel 1160_8f5268-b6> | wenig Möglichkeiten für Kommunikation, unbequeme Sitzmöbel 1160_038468-02> |
transparente, niedrige Einzäunung des Grundstücks 1160_55557c-ee> | dichte, hohe Hecke oder Mauer zur Einzäunung 1160_935036-aa> |
„warme“ Materialien (Holz, Keramik, Stoff), angenehmes Licht, Blickachsen und unverstellter Blick nach außen möglich 1160_600352-b8> | „kalte“ Materialien (Stahl, Glas, Beton), kaltes Licht, Blick nach außen weniger bis kaum möglich 1160_fdc97f-85> |
Ausprägung des Big-Five-Persönlichkeitsmerkmals Verträglichkeit
Hohe Ausprägung im Wohnumfeld | Geringe Ausprägung im Wohnumfeld |
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freundliche Kontakte zur Nachbarschaft, Hilfsbereitschaft, umeinander kümmern 1160_2b3376-55> | Nachbarschaftsstreit, keine Hilfsbereitschaft, kaum Kontakte nach außen 1160_3f3b0f-85> |
Initiative ergreifen bei Problemen/Konflikten 1160_41773d-ea> | Desinteresse an anderen 1160_a33e46-66> |
freundliche Atmosphäre 1160_b19a62-20> | abweisende kühle Atmosphäre 1160_a51e54-9d> |
Ausprägung des Big-Five-Persönlichkeitsmerkmals Neurotizismus
Hohe Ausprägung im Wohnumfeld | Geringe Ausprägung im Wohnumfeld |
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viele Schlösser an der Haustür, besonders innen 1160_49d0e0-17> | unverschlossene Haustür 1160_bd141d-d6> |
Alarmanlage, Panikbeleuchtung, Safety room (Bunker), Kameraüberwachung, Dreifachverglasung 1160_9f7f9f-0a> | keine Alarmanlage, außen schwach beleuchtet, kein Bunker, keine Kamera 1160_9a3fe7-d1> |
sehr umfangreiche Vorratshaltung 1160_5516ab-0a> | keine auffällige Vorratshaltung 1160_dca3a1-24> |
geschlossene Fenster, Rollos oder Fensterläden 1160_542a4f-3a> | offene Fenster und Terrassentüren, gekippte Fenster auch bei Abwesenheit 1160_dd4456-b7> |
hohe, dichte Einfriedung, Einbautresor 1160_f479a2-46> | keine Einfriedung, kein Tresor 1160_62465f-06> |
Nehmen Sie sich Zeit, Ihr Lebensumfeld nicht nur zu sehen, sondern mit allen Sinnen wahrzunehmen. Spinnen sie den Faden gern weiter und lassen Sie sich von Ihren Erkenntnissen überraschen.
Weitere Informationen zum Thema finden Sie in einem Compactheft der Zeitschrift „Psychologie heute“ mit dem Titel „Meine Wohnung und Ich“.
Fazit:
Unser Zuhause spiegelt tatsächlich viel von unserer Persönlichkeit wider. Es kann einladend und freundlich sein, zugewandt und heiter und es kann zurückhaltend sein oder sogar abweisend und kalt. UND: Es ist nie zu spät, etwas zu verändern.
Und wenn nicht jetzt, wann dann? Sehr gern unterstütze ich Sie im Rahmen einer wohnpsychologischen Beratung, damit Sie herausfinden, was Ihnen guttut und Ihrer Persönlichkeit und ihren Wohn-Bedürfnissen entspricht.